Komisch, wo ich doch nie an meinen dünnen, feinen Haaren gehangen habe, weil ich stets zu faul war, sie aufwendig zu stylen und sie daher oft im einfachen Zopf trug. Doch der Haarausfall zeigte mir und der Welt: Ich bin krank. Nach dem zweiten Zyklus der Chemotherapie war es dann auch soweit. Sie fielen mir büschelweise aus, sodass ich spontan zum Rasierer griff und kurzen Prozess mit meinen Haaren machte. Sich selbst glatzköpfig zu sehen, war erstmal ein Schock. »Es gibt doch Perücken«, sagte man mir. Doch diese Option fiel schnell ins Wasser, da ich auf irgendetwas allergisch reagierte - mit deutlichen, roten Striemen im Gesicht. Ich griff also zu Mützen oder Wickelschals. Im chaotischen und schnelllebigen Berlin fiel das kaum auf. Vor allem die Erwachsenen würdigten mich keines zweiten Blickes.
Es waren die Kleinen unter uns. Die Kinder, die mich wirklich gesehen haben. Logisch, würde man meinen, denn neben den Haaren fehlten mir auch Wimpern und Augenbrauen. Kindern fiel das sofort auf. Sie musterten mich stets, wenn ich ihnen begegnete. Ihr Blick war wunderlich, offen und konzentriert. Sie haben gemerkt, dass irgendetwas mit mir nicht stimmte. Doch ich hatte eine Geheimwaffe: Ich lachte sie offen und herzlich an. Und in dieser Sekunde änderte sich ihr Gesichtsausdruck blitzartig. Sie lachten zurück. Sie wussten, dass es mir dennoch irgendwie gut ging. Diese Momente haben mir immer wieder aufs Neue gezeigt, dass ein Lachen mehr bewirken kann als tausend Worte. Ich signalisierte ihnen, dass ich auch ohne Haare OK bin. Schon bald traute ich mich auch mit Glatze auf die Straße. Das waren unvergessliche Glücksmomente in einer oft schweren Zeit.