»Ich muss bei dieser Geschichte etwas weiter ausholen, bevor der schöne Part kommt. Viele Patient:innen, die aufgrund einer Krebserkrankung behandelt werden, kennen dieses Gefühl: Es gibt diese Tage, an denen es einem einfach nur schlecht geht und an denen man kaum aus dem Bett kommt. So erging es mir im Sommer 2022 als ich meine erste Chemotherapie gegen den Darmkrebs erhalten habe. Da diese ordentliche Nebenwirkungen verursachte, hatte ich mich bei meinen Eltern eingenistet, die dankenswerterweise an den schwierigen Tagen ein Auge auf mich hatten. Relativ schnell stellte ich nach ein paar Chemozyklen fest, dass mir unser ehemaliger Hund Watson, ein Welsh Terrier, fehlte. Er hatte die Eigenschaft, die den Fellnasen gerne zugesprochen wird: Watson spürte, wenn es einem nicht gut ging.
Als es mir in besagtem ersten Zyklen so mies ging, sagte ich zu meinem Vater: ›Es wäre so schön, wenn Watson noch hier wäre. Er würde ab und an neben meinem Bett liegen und sich streicheln lassen. Ich vermisse ihn.‹ Wie schnell wir im Endeffekt zu unserem neuen Hund gekommen sind, das lasse ich an dieser Stelle mal unter den Tisch fallen, da es den Rahmen sprengen würde. 😄 Nur so viel: Als ich hörte, dass sich meine Eltern Welpen anschauten, war meine Begeisterung nicht die Größte. Warum? Vielleicht war meine Sichtweise etwas egoistisch, aber ich hatte Angst, dass ein junger Hund, der frisch von seiner Familie getrennt wurde, bei uns einen ziemlichen Aufstand veranstalten könnte. Und das alles, während ich im Bett lag, mich übergeben musste und einfach nur die guten Tage bis zur nächsten Chemo herbei sehnte. Nein, darauf hatte ich keine Lust.
Dementsprechend abweisend reagierte ich bei unserer ersten Begegnung. Als ich am Abend vor einem neuen Zyklus bei meinen Eltern ankam, saßen sie im Wohnzimmer und der Welpe lag ganz ruhig vor den Füßen meiner Mutter. Ich fand ihn zwar süß, hatte aber gar keine Ambitionen ihn zu streicheln. Dass Canio, ich nenne ihn Cani, mein Herz noch im Sturm erobern würde, hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht gedacht.
Nächster Tag: Chemo. Ich fiel sofort ins Bett und schlief immer mal wieder für ein paar Stunden. Nachts gelang mir das nicht gut. So auch in dieser. Meine Eltern wünschten mir wie immer eine gute Nacht und ließen die Tür zu meinem Schlafzimmer geöffnet, damit sie mich besser hören konnten, sollte etwas sein. Ich lag da, hatte eine kleine Lampe angeschaltet und hoffte einfach nur, dass die Nacht schnell rum sein würde.
Dann hörte ich im Flur tapsige Schritte. Plötzlich stand Cani neben meinem Bett. Er setze sich hin und starrte mich ein paar Minuten lang an. Dann legte er sich hin und schlief ein: Ganze zwei Stunden. Ich hab ihn die ganze Zeit beobachtet. Da war er, dieser Moment. Ich wusste, ich hatte einen neuen, tierischen Freund gefunden. Jemand, der mich aufmuntert, wenn ich traurig bin. Jemand, der mir ganz uneigennützig helfen würde, wenn ich es nicht schaffe, mein Essen aufzuessen. 😄 Ich bin sehr dankbar für dieses flauschige Wollknäuel. Cani macht mir so viel Freude und ist vor allem in den schlechten Zeiten mein kleiner Lebensgeist.‹