»Wie alles begann …
Das erste Mal fiel mir der Knoten in meiner linken Brust im Juni 2019 auf. Daraufhin vereinbarte ich einen Termin bei meiner Frauenärztin. Die Untersuchung zeigte einen 1 × 1 cm großen Knoten. Meine Ärztin sagte mir, dass ich mir keine Sorgen machen müsste, der Knoten sei frei beweglich und sehe unauffällig aus – es wäre ein Fibroadenom. Ich sollte in acht Wochen zur Kontrolle kommen. Bei dieser Kontrolle war der Knoten minimal gewachsen. Ich wurde aber weiterhin beruhigt, es könnten ja auch Messungenauigkeiten sein.
Ich erhielt eine Überweisung zur Mammografie. Dort bekam ich zwei Wochen später im September einen Termin. Auf den Bildern der Mammografie konnte man den Knoten nicht sehen – zu dichtes Drüsengewebe, wurde mir gesagt. Der Arzt machte noch einen Ultraschall und kam zum gleichen Ergebnis wie meine Frauenärztin: beweglich und ungefährlich. Wenn es mich stören würde, könne ich es ja wegmachen lassen.
Der Arzt war unsympathisch, aber ich war erleichtert, dass diese zweite Meinung die Annahme meiner Frauenärztin bestätigte. Im November bemerkte ich, dass der Knoten größer geworden ist und begann darüber nachzudenken, ihn entfernen zu lassen. Wir flogen in den Urlaub und dort fasste ich schließlich den Entschluss zu einem Chirurgen zu gehen und dies zu tun, sobald wir wieder Zuhause sind.
Im Dezember sagte mir der Chirurg, dass der Knoten – der sich in Brustfalte befand – gut liegen würde, um ihn zu entfernen. Er würde jedoch nicht operieren, ohne aussagekräftige Ultraschallbilder. Da Weihnachten kurz bevor stand, vereinbarte ich mir einen Termin im Brustzentrum für den Januar.
Einen Tag vor der Untersuchung im Brustzentrum hatte ich mir einen Termin bei meiner Frauenärztin geben lassen, um mir die Überweisung für das Brustzentrum abzuholen. Sie machte einen Ultraschall, schaute mich entsetzt an und sagte: ›Warum sind Sie nicht eher gekommen?!‹ – Wie bitte, dachte ich und antwortete: ›Ich war doch hier‹.
Der Knoten war auf 3 × 3 cm gewachsen. Ich war nur froh, dass ich am nächsten Tag den Termin im Brustzentrum hatte – wie konnte sie mich mit dieser plumpen und unangebrachten Bemerkung stehen lassen?! Am nächsten Tag im Brustzentrum fühlte ich mich das erste Mal mit meiner Sorge ernst genommen. Der Arzt sagte mir beim Ultraschall: ›Ich glaube nicht, dass das einfach ein Fibroadenom ist‹, und entnahm durch Stanzen eine Gewebeprobe des Tumors.
Zwei Tage später, am 14. Januar 2020 erhielt ich das Ergebnis der Biopsie des Knotens in meiner linken Brust: ein bösartiger Tumor – Brustkrebs. Da fing die Kampf-dem-Krebs-Maschinerie an. Die Zeit zwischen den Untersuchungen und dem Termin zur Besprechung der Ergebnisse war sehr schwer. Die Hoffnung, dass sich keine Metastasen im Körper befinden, gegen die Angst, dass es so sein könnte.
MRT, CT und Knochenszyntigrafie zeigten keine Metastasen 🙏🏻. Ich war so unglaublich dankbar und bereit, den Kampf gegen den Krebs anzutreten. Der Plan: Chemotherapie mit 4x Epirubicin/Cyclophosphamid im Abstand von zwei Wochen und 12x Paclitaxel wöchentlich. Am 6. Februar wurde mir der Port eingesetzt. Ich ließ mir Ovargewebe zur Kryokonservierung entnehmen – als Hoffnungsschimmer für ein zweites Kind.
Unserem 4 Jahre alten Sohn haben wir erklärt, dass Mama einen Knubbel hat und starke Medizin braucht, um wieder gesund zu werden. Diese Medizin ist so stark, dass Mamas Haare ausfallen werden, die aber wieder nachwachsen.
Zauberhaare: am 17. Februar suchte ich mir meine Perücke aus.
Abschied von meinen Haaren: am 21. Februar ließ ich mir meine Haare kurz schneiden – ein Stück Selbstbestimmung. Ich wollte nicht, dass sie mir büschelweise ausfallen. Nach der zweiten Chemo – am 28. Februar, eine Woche nach meinem Kurzhaarschnitt – fielen sie mir schließlich aus. Sie waren nach dem Duschen auf einmal überall. Meine beiden Schwestern ❤️❤️ rasierten mir die letzten Haare noch am selben Tag.
Juli 2020: letzte Chemo! – 31. Juli: Tag 1 meines neuen Lebens: Ich stand noch ziemlich neben mir wegen der Narkose. Als mir bewusst wurde, dass ich es geschafft habe, musste ich erstmal weinen. Die Anspannung und Angst der letzten Monate fielen auf einmal von mir ab. Erleichterung, Dankbarkeit, aber auch Schmerz und Verlust. Es fällt mir schwer, die Emotionen der nachfolgenden Tage im Krankenhaus in Worte zu fassen. Die ersten vier Tage waren die schlimmsten. Ich konnte meinen Oberkörper nicht bewegen, unfassbare Schmerzen und die Ungewissheit darüber, wann es besser wird. Aber es wurde besser. Am fünften Tag hat mein Mann mich mit dem Rollstuhl durch den Park geschoben. Die Tage darauf konnte ich selber laufen, immer ein Stückchen mehr. Nach neun Tagen durfte ich nach Hause, zwar mit Drainage, aber Hauptsache zu Hause. Drei Tage später bei der Wundkontrolle im Krankenhaus wurde dann auch die Drainage gezogen. Wunderbar ohne Schlauch!
August 2020: Start der Antihormontherapie: Tamoxifen und Trenatone. Zwei Wochen später: Der erste Spaziergang ohne Mütze oder Tuch auf meinem Kopf. Ohne Haare ist es einfach kalt am Kopf. ☺️ Ende August war ich dann bei der CT-Vermessung und wurde für die Strahlentherapie angezeichnet. Zwei Tage danach ging es los: 28 Bestrahlungen, jeden Tag bis auf die Wochenenden. Bei mir wurden die Lymphabflusswege bestrahlt. Ich hoffte, dass mein Körper die Therapie gut vertragen würde 💪
Am 24. März 2021 folgte die Brustaufbau-OP und Angleichung der gesunden Brust, beides mit Silikon.
Wenn ich an meinen Weg gegen den Krebs zurückdenke, bin ich sehr stolz auf mich, dass ich die Kraft aufgebracht habe, die unterschiedlichen Therapien gegen den Krebs zu durchstehen. Ich möchte allen Betroffenen Mut machen, stark zu bleiben, um wieder gesund werden zu können.«