»Der Krebs ist mein Beifahrer – ich werde ihn nicht mehr los. Aber ich sitze hinter dem Steuer und gebe die Richtung und das Tempo vor. Solange es noch geht« – diese Metapher beschreibt wohl am besten, wie sich mein Leben mit fortgeschrittenem Brustkrebs anfühlt.
Die Diagnose kam 2013 aus dem Nichts und hat mir sprichwörtlich den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein winziges Mammakarzinom hatte bereits in die Leber und in die Knochen gestreut. Das alles ohne genetische Vorbelastung und trotz regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen. Prognostizierte Durchschnittsüberlebenszeit: zwei Jahre. Was folgte, war ein kräftezehrender Therapiemarathon mit Operationen, Chemos, Antihormon- und Antikörpertherapien, Bestrahlungen, Zielgerichteter Therapie, Knochenaufbauspritze und so weiter.
Getragen von viel positiver Energie und ausgestattet mit jeder Menge Lebensfreude, Zähigkeit und Optimismus, gelingt es mir, den Krebs nun bereits seit 11 Jahren im Zaum zu halten, mal besser – mal schlechter. 2018 wurden Bauchfell-Metastasen diagnostiziert und in einer neun stündigen Operation samt Chemo entfernt. Stets an meiner Seite: mein Mann Peter, meine Familie und meine Freund:innen. Wie es weitergeht? Die Zukunft wird es zeigen. Ich bin unter Dauertherapie – sämtliche Nebenwirkungen inklusive – bis zum allerletzten Tag. Dabei will ich doch nur eines: nämlich leben, und das möglichst lange. Und Spuren hinterlassen.
Von einer fortgeschrittenen Erkrankung spricht man dann, wenn der Krebs bereits gestreut hat, das heißt, wenn er irgendwo im Körper Absiedlungen gebildet hat. Damit ist in der Regel der Status ›unheilbar‹ verbunden – ich bevorzuge allerdings den Terminus ›chronisch krank‹.
All diese Punkte machen den Rucksack, den man von einem auf den anderen Tag ungewollt umgeschnallt bekommt, äußerst schwer. Doch es bringt nichts, heute daran zu denken, was morgen möglicherweise eintreten könnte.
Es gilt, das Leben zu gestalten und zu genießen – getreu meinem Motto: ›Every day is an adventure!‹
Und das mache ich – mit zahlreichen Reisen, Konzertbesuchen, Treffen und allem, was mir sonst noch Spaß macht. Aber natürlich habe ich auch dunkle Tage, was angesichts dieser Krankengeschichte wenig verwundert. Ich kann nicht immer nur lächeln. Es gibt sie – diese Heultage, diese ›Ich seh‘ keinen Sonnenstrahl am Himmel‹ Zeiten.
Im Laufe der Jahre wurde mir immer klarer, dass ich meinen Fokus auf Brustkrebsaktivitäten richten möchte. Dafür brenne ich. Ich will aus meiner Krankheit das Beste machen, möchte Brustkrebsbotschafterin sein, zur Vorsorge aufrufen und Solidarität mit Betroffenen einfordern. Ich liebe es, meine Erfahrung weiterzugeben, Brustkrebs-Aktionen zu unterstützen und als Patient:innenvertreterin bei (inter-)nationalen Kongressen gehört zu werden.
Damit einher geht die Arbeit an meinem Sprachrohr – meinem Blog ›Claudias Cancer Challenge‹ – sowie an meinem Buch (Arbeitstitel: ›Unheilbar, aber glücklich‹). Schreiben ist für mich Teil des Verarbeitungsprozesses. Ich möchte meinen Blickwinkel und meine Tipps an Betroffene und Angehörige weitergeben, sowie ein Gesicht und eine Stimme einer Krankheit sein. Dass mir auf Facebook und Instagram bereits Tausende Menschen folgen, freut mich immens. All das ist der Motor, der mich am Laufen hält.
In den vergangenen 11 Jahren gab es zahlreiche Hochs und Tiefs, gute und schlechte Untersuchungsbefunde, inspirierende Begegnungen und interessante Erkenntnisse. Aber auch schlimme Schockerlebnisse und niederschmetternde Diagnosen. Das Leben mit Krebs ist wie eine Achterbahnfahrt. Mal geht’s steil bergauf und dann rast man wieder flott nach unten. Mein Umgang besteht darin, dass ich versuche, mich an den schönen Dingen im Leben zu orientieren. Ich setze mir Fixsterne am dunklen Krankheitsfirmament (Urlaube, Konzerte, Treffen) und tue alles, um diese Sterne auch tatsächlich zu erreichen. Ich habe gelernt, das Positive in all dem Negativen zu erkennen - mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und den Augenblick zu schätzen.«