»Hey, ich bin Julia und bin 31 Jahre alt. Die Diagnose Brustkrebs habe ich im November 2023 bekommen.
Als mein Freund einen Knoten an der rechten Brust ertastete, wurde ich ganz blass und war mich sicher: Das ist Brustkrebs!
Wie kam ich auf solche Gedanken? Meine Familiengeschichte war mit Brustkrebsdiagnosen vorbelastet. Erst zwei Jahre zuvor hatte meine Cousine ihre Brustkrebsdiagnose erhalten und einen Genetiktest durchführen lassen. Sie hatte mir und meinen Schwestern empfohlen dasselbe zu tun, jedoch war mir die Wichtigkeit dieser Testung damals nicht bewusst. Ich habe, wie viele andere die das Thema Krebs nicht betrifft, keine Ahnung gehabt.
Als ich dann zur Frauenärztin bin, meinte sie beim Abtasten und dem Ultraschall, dass es eine ungewöhnliche Stelle für Krebs wäre, und sie von einem Fibroadenom ausgeht. Sie stellte mich trotzdem zur Mammographie vor. Die Ergebnisse der Mammographie und der nochmaligen Sonographie waren nicht eindeutig. So wurde auch ich, wie viele andere Frauen, einer Stanzbiopsie unterzogen.
Auf das Ergebnis habe ich eine Woche warten müssen. Jeden Tag habe ich angerufen und gefragt, ob es schon Ergebnisse gäbe. Ich habe nicht mehr schlafen können, nicht mehr denken können. Dieses Warten auf das Ergebnis hat mich so ausgelaugt und es war kaum auszuhalten.
Als ich dann endlich den Anruf erhalten habe, war ich auf eine perfide Art erleichtert. Das Warten hatte ein Ende! Endlich konnte ich was dagegen tun, und musste nicht nur herumsitzen und warten!
Zu der Zeit ging es mir emotional trotzdem schlecht. Nicht weil ich mir das nicht zutraute, diesen beschwerlichen Weg zu gehen, sondern weil ich noch nicht wusste, wie ich das tun sollte. Zudem tut es einem wahnsinnig weh, wenn man sieht, wie besorgt die einem nahestehenden liebenden Menschen sind.
Triple negativ – sehr schnell und aggressiv wachsend, dagegen hilft nur eine aggressive Chemotherapie - so war meine Diagnose. Mein Papa, mein Freund, meine Zwillingsschwester und ich waren geschockt, als es jetzt ausgesprochen wurde.
Ich hab mir nichts unter einer Chemotherapie vorstellen können, und so entwickelte sich Angst… Angst vor dem Unbekannten.
Ich bin aber so gut vom Brustkrebszentrum aufgefangen und durch die vorbereitenden Untersuchungen geführt worden, dass ich seitdem vollstes Vertrauen in alle behandelnden ÄrztInnen, KrankenpflegerInnen sowie die Therapie selbst habe! Mit Kompetenz, Liebe und Erfahrung wurde mir die Angst ein Stück weit genommen.
Momentan bin ich erst bei Chemo Nummer 4 von 16, habe schon einige unfreiwillige Pausen zwischen den Chemotherapien einlegen müssen, und hoffe jede Woche aufs Neue, die Chemo endlich wieder aufnehmen zu können.
Eine Infektion mit der Influenza, eine Lungenentzündung und einen aggressiven festsitzenden Pilz in der Lunge, der für eine lebensbedrohliche Lungenentzündung verantwortlich war, Blutwerte, die nicht passten, starke Nebenwirkungen und und und - all das habe ich schon hinter mir. Aber es stoppt mich nicht weiterhin gegen den Krebs zu kämpfen. Den Krebs und der Genmutation.
Ich bin eine von 500 Genmutationsträgerinnen des BRCA1. Die Chance, mit dieser Mutation in meinem Leben an Brustkrebs zu erkranken wird auf 80% geschätzt. Besiegen kann ich die Genmutation leider nicht, aber ich kann vorsorgen. Die Genetiktestung war dementsprechend positiv, und ich war wenig überrascht. Um ehrlich zu sein, habe ich damit gerechnet. Als meine Schwestern auch getestet wurden, ging es mir sehr nahe. Ich hatte so Angst um beide. Die Ergebnisse haben auf sich warten lassen - über vier Wochen lang, bis es endlich soweit war. Meine große Schwester war negativ. Und allein das war ein besonders großer Grund zur Freude. Ich habe geweint vor Freude, wusste aber auch, dass meine eineiige Zwillingsschwester die Bestätigung bekommen hatte. Das stand bei ihr zuvor schon fest, was das Ganze nicht leichter machte. Sie war wie mein Papa und ich positiv.
Für Genmutationsträgerinnen ohne bisherige Krebserkrankung gibt es ein spezielles Vorsorge- programm. Meine Schwester ist jetzt registriert, und ich werde es, sobald ich mit der Chemo durch bin. Dann werden wir besonderen Vorsorgeuntersuchungen unterzogen, die wir sonst nicht bekommen würden. Was ich natürlich sehr bedauernswert finde, ist, dass anderen Frauen solche Untersuchungen vorenthalten werden.
Eine Frage, die sich meine Schwester und ich stellen müssen, ist, ob wir eine Mastektomie, die beidseitige Entfernung der Brüste, durchführen lassen. Das Brustkrebsrisiko sinkt nach diesem Eingriff auf zwei Prozent bei ihr, und für mich sinkt das Risiko an einem Rezidiv (Wiederauftreten des Brustkrebses) zu erkranken.
Es ist noch ein langer Weg zu gehen, aber ich werde immer weitermachen, Schritt für Schritt, bis ich wieder ein selbstbestimmtes Leben führen kann. Zu wissen, dass ich nicht allein bin und auf Unterstützung bauen kann, erleuchtet mir den Weg.🤍«