»Erst mal kann ich sagen, dass es mir gut geht und ich die Chemo ganz gut vertrage und zum Glück nur noch einen Zyklus vor mir habe, was mich sehr freut. Ein Lichtblick ist außerdem, endlich bald wieder ein gesundes und glückliches Leben zu haben. Es ist gerade eine sehr dunkle und schreckliche Zeit in meinem Leben und es wird nur ganz langsam heller. Ich bin eigentlich ein sehr positiver Mensch und ich schlage mich durch, da ich keine andere Wahl habe.
Ich bin seit neun Jahren glücklich verheiratet. Mein Mann unterstützt mich, wo er nur kann, aber kann natürlich nicht wirklich nachvollziehen, wie es in mir aussieht.
Es hat im März mit einer Thrombose angefangen, diese wurde auch therapiert und mir ging es besser, bis ich in der Nacht zum 11. Juni 2022 mit einem stechenden Kopfschmerz auf der rechten Seite aufwachte. Ich ahnte schon, was gerade passiert, da ich mich aufsetze und meine Hand auf mein Bein fiel und ich dies nicht merkte. Ich habe dann gleich meinen Mann geweckt und er hat sofort den Krankenwagen gerufen. Daraufhin wurde ich mit dem Verdacht auf einen Schlaganfall direkt ins Universitätskrankenhaus eingeliefert.
Die Ärzt:innen konnten es sich erst einmal nicht erklären, warum einer so eine fitten, durchtrainierten und gesunden Frau wie mir so etwas passiert. Deshalb wurde ich von oben bis unten mehrfach durchgecheckt. Schließlich wurde ein Tumor im rechten Eierstock entdeckt. Daraufhin wurde ich operiert und mir wurde der Eierstock mit dem Tumor sowie die Gebärmutter, der Blinddarm und Gewebe vom Bauchnetz entfernt. Zur Vorsorge wurde dann eine Chemotherapie mit sechs Zyklen beschlossen.
Ich weiß, dass es richtig war diese Therapie zu machen, aber ich fühle mich im Moment nicht wie ich selbst. Meine Lebensfreude, die ich mal hatte, habe ich im Moment überhaupt nicht. Das Einzige, was mich beruhigt und mir hilft, ist, wenn ich daran denke, dass es Menschen gibt, denen es noch viel schlechter geht. Ich habe viel Sport gemacht, z. B. Poledance, Irish Dance und Yoga, aber auf einmal ist man hilflos und der Körper und das Leben haben sich von einem Moment auf den anderen total verändert. Natürlich kommt auch ab und zu der Gedanke ›warum ich‹ und dann auch noch so heftig. Ich gebe nicht auf und werde mich ins Leben zurückkämpfen. Das Leben stellt uns vor Aufgaben und testet, wie man sie meistert bzw. löst. Ich gebe mir die beste Mühe, sie so gut wie möglich zu lösen und hoffe, dass ich irgendwann sagen kann, dass ich sie ›erfolgreich gelöst‹ habe.
Auf diesem Weg begleiten mich meine Familie und meine Freund:innen, und am meisten natürlich mein Mann, wofür ich sehr dankbar bin. Zurzeit habe ich auch Reha-Maßnahmen, da ich noch Einschränkungen, z. B. kein Gefühl und keine Kontrolle in meiner Hand habe. Auch dies wird hoffentlich irgendwann besser werden, wenn sich das Blutgerinnsel in meinem Kopf aufgelöst hat. Die größten Herausforderungen sind die Alltagsaufgaben mit meiner Hand zu meistern. Am Anfang war ich sehr verzweifelt, nicht mehr alles tun zu können, was früher ganz einfach von der Hand ging, wie kochen oder anziehen. Beides kann ich mittlerweile wieder gut, aber die größte Herausforderung für mich ist morgens der Gang ins Bad, wenn ich vor dem Spiegel stehe. Das macht mich immer sehr traurig, auch wenn ich weiß, dass die Haare bald wieder nachwachsen. In diesen Momenten wird einem bewusst, was los ist und es ist direkt sichtbar.
Vielleicht hat jemand von euch Tipps für mich: Was macht ihr, um euer Selbstwertgefühl und Lebensfreude wiederzubekommen? Gibt es irgendetwas Wichtiges bzw. Gutes, was man nach der Chemotherapie für sich machen sollte, was einem die Ärzt:innen nicht sagen? Ich würde mich über eure Antworten sehr freuen und bin froh, ein Teil eurer Familie zu sein Selbstverständlich bin ich bereit, mehr über mich zu erzählen und mich mit euch auszutauschen.«