»Mein Name ist Matea, ich bin 27 Jahre alt und Trägerin der BRCA1 Mutation. Was bedeutet das? Mein Lebenszeitrisiko an Brustkrebs zu erkranken liegt bei 75 Prozent und an Eierstockkrebs zu erkranken bei 60 Prozent. Hierbei ist anzumerken, dass das Erkrankungsalter der Vorgenerationen einen erheblichen Einfluss auf das Erkrankungsalter der darauffolgenden Generation hat. Man rechnet mit durchschnittlich minus fünf bis minus zehn Jahren zur jüngsten Erkrankten in der Familie.
Meine Geschichte beginnt eigentlich mit der meiner Mutter. Mit Ende 30 erkrankte sie an Eierstockkrebs. Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht, was das bedeuten wird. Sie starb nach einem Rezidiv im Alter von 44 Jahren. Seither ist mein Leben, das meiner Schwester und meines Vaters von einer Schwere geprägt, die nie mehr vergehen wird. Ich war zum Todeszeitpunkt meiner Mutter 21 Jahre alt und habe ihr versprochen, für uns weiterzukämpfen. Meine Oma ist ebenfalls an Eierstockkrebs gestorben und auch andere Tanten traf dieses Schicksal.
Meine Schwester und ich wurden auf die BRCA-1 Mutation getestet, damals war ich 17. Sie blieb von der Mutation zum Glück verschont – ich nicht. Seit meinem 18. Lebensjahr bin ich in einem Hochrisiko-Programm. Das hat zur Folge, dass ich alle sechs Monate zum Brustultraschall und zur Gynäkologin muss. Mein persönliches Risiko an Eierstockkrebs zu erkranken, liegt aufgrund meiner Familien-Anamnese mit 31 Jahren schon bei einer 60-prozentigen Erkrankungs-Wahrscheinlichkeit.
Mit 24 entschied ich mich zu einer prophylaktischen Mastektomie, also der Entfernung des Brustgewebes und der Brustdrüsen. Damit einhergehend verabschiedete ich mich endgültig von der Möglichkeit, vielleicht irgendwann ein Kind stillen zu können. Es ging leider einiges schief. Ich hatte eine Nekrose. Das bedeutet, dass ein großer Teil meines Hautmantels der rechten Brust und die halbe Brustwarze abgestorben sind und in einer zweiten Operation entfernt werden mussten. Aufgrund der großflächigen Nekrose stand ich plötzlich nur noch mit einer Brust da. Es folgte ein Marathon an Besuchen im Brustzentrum, Expander füllen und Kontrollen. Außerdem versteckte ich mich unter weiten Pullovern.
Nach drei Operationen dachte ich wieder aufatmen zu können. Am tiefsten Punkt entschied sich mein damaliger Partner mich zu verlassen. Heute bin ich ihm dankbar dafür, da ich durch ihn gelernt habe, dass ich selbst die Person bin, die sich nach all dem selbst gerettet hat. Ich bin die Heldin meines Lebens, nicht das Opfer. Im kommenden Jahr steht für mich die Entfernung der Eileiter und Eierstöcke an. Ich bin fast 28 Jahre alt, habe derzeit keinen Partner und muss mich an den Gedanken gewöhnen, vielleicht nie Kinder haben zu können – trotz meines enormen Kinderwunsches.
Neben den vielen Nebenwirkungen, welche durch die Entfernung der Eierstöcke ausgelöst werden, ist gerade das Thema Kinderwunsch eines, das mir im Herzen weh tut. Die Angst zu erkranken und oder diese Erkrankung weiterzuvererben, stehen einem schlechten Gewissen gegenüber. Bin ich egoistisch, weil ich trotz Mutation ein Kind will? Sollte ich ein Kind kriegen? Entferne ich alles, wird eine künstliche Befruchtung überhaupt funktionieren?
All das sind Themen, die mich zu einer Betroffenen machen – auch wenn ich bisher nicht erkrankt bin. Mein Leben und das vieler anderer Genträgerinnen ist ein Balanceakt zwischen Hoffnung und Angst. Die ständige Angst vor dieser potenziell lebensverändernden Diagnose kann den Alltag überschatten. Für mich ist die BRCA1 Mutation eine tägliche Erinnerung daran, wie zerbrechlich das Leben sein kann und wie wichtig es ist, sich um seine Gesundheit zu kümmern, dankbar zu sein und das Leben richtig zu leben.
Ich teile meine Geschichte, um andere darauf aufmerksam zu machen, dass es diese Mutationen gibt, wie es ist, mit dieser zu Leben. Ich möchte diesen Raum auch für gesunde Genträgerinnen eröffnen, sodass wir einander helfen und uns unterstützen können. Wir haben den Mut für dieses besondere Leben!«